über die Filmtrilogie BRAND / Statement von Susanne Fasbender

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„Wenn der intelligente Kapitalismus all das erkennt, dann zweifellos nicht, um seinen Selbstmord in die Wege zu leiten. Er wird sich vielmehr auf eine Schlacht vorbereiten, die auf anderen Gebieten, mit neuen Waffen und neuen ökonomischen Zielen ausgetragen werden soll.“
André Gorz, Ökologie und Politik, Beiträge zur Wachstumskrise, 1977

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Ich brauchte einige Jahre um die Filmtrilogie fertig zu stellen. Es wollte mir nicht reichen, die sozialen und ökologischen Zerstörungen und Kämpfe im Rheinischen Braunkohlenrevier zu dokumentieren ohne die dahinter stehenden Verhältnisse genauer zu verstehen und in diesem Film ausdrücken zu können.
Das Potential, in diesem Gebiet den Verhältnissen der Landaneignung, des Rohstoffabbaus und der fossilen Energiewirtschaft im Konkreten, im Leben nachgehen zu können, war schon beim ersten Besuch, beim ersten Durchfahren der Straßen zu spüren. Macht eines Konzerns ist hier wie dicke Luft fühlbar. Sowohl in der Gegend der gigantischen Kraftwerke, die alles um sie herum überragen, als auch am Rande der Tagebaue und natürlich in den Dörfern. Der jahrzehntelange, alles beherrschende Zugriff auf das Land hat die Atmosphäre in der Region zutiefst geprägt. Alles scheint verletzt oder ist in tragischer Erwartung. Die kommende Zerstörung des noch ruhig da Liegenden ist auch in den noch bewohnten Orten allgegenwärtig. Die schon unbewohnten Dörfer sind von Menschen verwaist, während die Vögel den Wildwuchs ihrer Gärten und Parks mit ihrem Gesang begleiten. Die ungezählten uralten hohen Bäume, die die alten Orte bekleiden, werden, wenn es losgeht, als erstes beseitigt.
Im Rheinischen Braunkohlenrevier konzentriert sich für mich - sichtbar und unsichtbar - der ineinander verstrickte Themenkomplex der ökologischen Krise. Mag das Wort Krise vielen im Angesicht der weltweiten katastrophalen Überschwemmungen, Tsunamis und Dürren auch als zu harmlos erscheinen.
Wie gestaltet sich eigentlich die Frage nach dem Eigentum an Land und Rohstoffen in diesem großen „abgebaggerten“ Land, in dem sich seit Jahrhunderten eine eigene Kulturlandschaft auf der Basis besonders fruchtbarer Lößböden entwickelt hatte? Was sagen die BewohnerInnen?
Was bedeutet es eigentlich "Natur zu nutzen"? Was bedeutet der Ruf nach Klimagerechtigkeit?
Und warum eigentlich erreichen die Klimaabkommen nicht die geforderten Reduktionen? Warum wird der Ausbau fossiler Energien immer weiter vorangetrieben? Wie organisiert sich der Widerstand dagegen und was drückt sich aus in diesem Kampf zwischen Konzern, Staat und BesetzerInnen von Wald und Tagebauen?
Begreife ich das Wort Krise als „Zeit, die den Höhe- und Wendepunkt einer gefährlichen Entwicklung darstellt“ (Duden, Wikipedia) kommt dieser Begriff der ökologischen Zerstörung sehr nah: Sind Wettbewerb und Profitstreben die treibende Kraft in der Produktion unserer Güter, wird ökologische Zerstörung im selben Maße zunehmen wie das industrielle Wachstum. Dann gibt es ein Problem, wenn es darum geht, weniger zu produzieren, weniger Braunkohle zu fördern, als geplant oder gar ein grundlegend anderes, nicht kapitalbestimmtes Verständnis zu entwickeln des Stoffwechsels in der organischen und anorganischen Welt: zwischen Menschen, Tieren, Pflanzen, Steinen, Metallen usw.. Der durch den Begriff "Krise" markierte ökologisch notwendige Wendepunkt läge eben gerade da, wo die Grundpfeiler des Kapitalis-mus verankert sind. Dies haben Ökonomen früh erkannt und ist in grundlegenden Schriften, die sich einer politischen Ökologie zuordnen lassen, seit den 1940er Jahren verankert.
„The Great Transformation“ von Karl Polanyi 1944, „Soziale Kosten der Marktwirtschaft, Karl William Kapp 1950, Wachstumswahn und Wirtschaftskrise, Barry Commoner 1971, sind nur einige der vielen Schriften zu der als unausweichlich beschriebenen Zerstörung der Umwelt durch Wettbewerb und Wachstumswirtschaft, die bereits vor dem 1972 vom Club of Rome herausgegebenen MIT-Bericht von Dennis L. Meadows „Die Grenzen des Wachstums“ erschienen waren.
Die Verschmutzungen in Luft, Böden und Gewässern sollen nun mithilfe der internationalen UN-Klimaabkommen bekämpft werden. Spätestens wenn wir erkennen, dass auch der in der Wirtschaft verankerte internationale Klimaschutz denselben Gesetzmäßigkeiten von Landnahme und Kapitalverwertung folgt, ist erkennbar, dass ein tiefer gehendes Verständnis der Zusammenhänge notwendig wird.
Hierzu einen Beitrag zu leisten war mein Anliegen mit der Filmtrilogie BRAND. Die zahlreichen Vorführungen im In- und Ausland  haben bestätigt, dass das vielleicht gelungen ist.